Sommer, Sonne, Catcallers
Triggerwarnung:
In diesem Beitrag geht es um verbale sexuelle Belästigung. Hilfestelle: 08000 116 016 – bundesweites Hilfetelefon ‘Gewalt gegen Frauen’
In diesem Beitrag schreibe ich primär über meine Erfahrungen mit Catcalling als cis- Frau. Nicht binäre Menschen und Männer können genauso verbale sexuelle Belästigung erfahren.
Sommer, Sonne, Catcallers
Es ist Juni, wir haben Sommer. Ich mag den Sommer, denn Sommer ist für mich draußen im Park mit Freund:innen sitzen, Bier trinken und unbeschwert sein. In kurzen Klamotten die Hitze genießen und die Sonnenstrahlen bis zum Herbst auskosten.
Jedoch bedeuten kurze Klamotten für mich auch Angst gesehen zu werden. Angst vor einer der unzähligen Situationen, die vor allem vielen Frauen jeden Tag aufs Neue passieren. Ich habe Angst davor von Männern mit Catcalling bloßgestellt zu werden.
Catcalling ist verbale sexuelle Belästigung. Pfeifen, „Na du Süße“, „Schöner Arsch“ - Catcalling bestehen oft aus vermeintlich positiv zu interpretierenden ‘Komplimenten’.
Es ist der erste warme Tag. Ich bin mit meinem Freund spazieren auf St. Pauli. Ich spüre Blicke auf mir. Mir pfeifen Typen hinterher und ich blicke an mir runter. Langärmliges eng anliegendes Shirt ohne BH.
Am Anfang ist es mir egal, doch nach fünf Männern zähle ich mit und nach zehn werde ich richtig sauer. Ich schäme mich. Ein Pfiff, ein Kommentar und ein langer unangenehmer Blick sind Kleinigkeiten, die sich in der Summe jedoch häufen und Spuren hinterlassen.
Das Ziel von Catcalls ist eine andere Person zu erniedrigen. Denn diese Männer versuchen nicht, uns Frauen ein Kompliment auf Augenhöhe zu machen, sondern degradieren uns bewusst. Somit versuchen Catcaller durch eine Einschüchterung mit Dominanz zu triumphieren, um ihre persönlichen Defizite zu kompensieren.
Catcalling ist meistens nicht strafbar, denn wenn es sich nicht als sexuelle Belästigung und/oder Beleidigung einstufen lässt, ist es keine Straftat. Aus diesem Grund ist es auch schwierig dazu Zahlen zu erheben. Laut einer Studie der Hochschule Merseburg wurden 97 Prozent aller befragten Frauen und 95 Prozent aller divers geschlechtlichen Personen Opfer von sexueller Belästigung. Bei den Männern seien es 55 Prozent.
Also wir sind uns einig: Catcalling ist ein Problem.
Doch habe ich immer wieder das Gefühl, vielen Männern fehlt die gewisse Sensibilisierung, da sie die Tragweite der Folgen nicht verstehen. Die meisten Männer können die Traumata, die diese vielen Situationen psychischer und physischer Übergriffe hinterlassen, einfach nicht nachvollziehen, da sie damit nicht tagtäglich konfrontiert werden.
Wenn sich ein Mann in der Bahn nah neben mich setzt, dann empfinde ich gemischte Gefühle. Ich spüre ein unbehagliches Gefühl von ungewollter Nähe. Es fühlt sich schnell an, als ob er eine Grenze überschreitet auch wenn es unbewusst geschieht. Ich habe einen Kloß im Hals. Als ich dieses Gefühl mit meinen Freundinnen besprochen habe, wurde deutlich ich bin nicht damit alleine und das fühlt sich erstmal gut an. Doch wenn ich drüber nachdenke, macht es mich auch traurig, wie traumatische Erfahrungen uns verbinden, denn dieses Gefühl wünsche ich niemanden. Und das macht mich ganz schön sauer.
Den die vielen kleinen täglichen Erfahrungen vermischen sich hin zu einem Teufelskreis, den es gilt als Mann, Frau oder nicht binäre Peron mit gegenseitigem Verständnis und Empathie zu durchbrechen. Damit will ich sagen: Man kann als Mann manchmal nicht nachvollziehen, warum eine Frau schnell emotional bei Themen wie Catcalling reagiert. Man kann als Mann manchmal nicht verstehen, wie sehr Catcalling für eine Frau schon normalisiert ist. Dennoch kann man nachfragen und versuchen Betroffene zu verstehen und so die Gefühle nachempfinden.
Besonders auch wir Frauen sollten einander die Hände reichen und uns füreinander einsetzen, statt uns Vorwürfe zu machen. Oft kommen von anderen Frauen Sprüche wie “Mit dem Oberteil musst du dich auch nicht wundern, dass du Blicke bekommst”, “Zieh dich halt nicht so freizügig an” und nehmen so den Tätern die Verantwortung.
Täter wird zum Opfer, denn 'Er könne ja nicht anders'.
In dieser Argumentation wird ein gesamtgesellschaftliches Problem stark vereinfacht. Auch vielen Frauen wird es zu kompliziert Männer anzuprangern. Man könnte den Konflikt einfach lösen durch weniger Freizügigkeit von Frauen, statt die Täter zu maßregeln. Wir dürfen nicht vergessen (auch wenn es manchmal einfacher ist), dass Freizügigkeit niemals Catcalling oder eine andere Form der sexuellen Belästigung legitimiert.
Wie gehen wir am besten damit um? – Ignorieren oder konfrontieren:
Ignorieren:
Die Bemerkungen zu ignorieren ist oftmals die leichteste Lösung. So wird der Catcaller nicht in seinem Verhalten bestätigt, wird aber vermutlich seine Tat auch nicht hinterfragen.
Das Wichtigste ist immer noch, sich emotional abzugrenzen und nicht runterziehen zu lassen.
Konfrontieren:
Wenn du dich selbstbewusst und sicher fühlst, dann konfrontiere die Männer mit Aussagen wie ‘Lass mich in Ruhe’.
Zeige deine Grenzen auf und mache deutlich, dass dir dieser Mensch hiermit zu Nahe tritt.
Call the Catcallers out!